Tarifvertragliche Abfindungsansprüche nur Insolvenzforderungen
BAG, 27.04.2006, 6 AZR 364/05
Tarifliche Abfindungsansprüche für die Kündigung wegen Rationalisierungsmaßnahmen sind auch dann bloße Insolvenzforderung, wenn erst der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Arbeitsverhältnis kündigt.
Der Kläger war seit 1990 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. In dem zur Anwendung kommenden Tarifvertrag war Arbeitern, die in Folge einer Rationalisierungsmaßnahme aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, eine Abfindung gewährt, vorliegend in Höhe des Zehnfachen des letzten Lohnanspruchs. Über das Vermögen des Arbeitgebers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Es fand sich ein Erwerber für das Unternehmen, der beabsichtigte, 40 der 80 Arbeitnehmer zu übernehmen. Das Erwerberkonzept war Bestandteil eines Interessenausgleichs, der für den Kläger die Kündigung vorsah. Der beklagte Insolvenzverwalter kündigte dem Kläger zum 30.06.2004. Mit der arbeitsgerichtlichen Klage verlangt der Kläger die Zahlung der tarifvertraglichen Abfindung in Höhe von 25.916,60 Euro brutto zuzüglich Zinsen.
Nach Auffassung des Gerichts ist der tarifliche Abfindungsanspruch als Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO zu qualifizieren, so dass er der Beschränkung des § 123 InsO unterliegt. Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, dass seine Forderungen Masseansprüche gemäß § 55 InsO seien, die nicht durch § 123 InsO begrenzt sind.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts spielt nicht nur im Rahmen des Interessenausgleichs eine Rolle. Insolvenzforderungen werden nur in Höhe der (üblicherweise sehr geringen) Insolvenzquote befriedigt, während der Verwalter für Masseschulden mit der im Verfahren verwerteten Masse aufkommt.