Vorsicht bei Übernahme von Gesellschaftsvermögen durch Auffanggesellschaften

Übernahme von Gesellschaftsvermögen durch Auffanggesellschaft kann verdeckte gemischte Sacheinlage darstellen

Übernimmt eine Auffanggesellschaft nach einer Kapitalerhöhung das noch vorhandene Aktivvermögen einer insolventen KG gegen Übernahme von deren Verbindlichkeiten, stellt dies unter Umständen eine verdeckte gemischte Sacheinlage dar. Dies hat zur Folge, dass ein etwaiger Rückzahlungsanspruch (hier: des Insolvenzverwalters) gemäß § 62 AktG ausgeschlossen ist und lediglich ein sich nach der Saldotheorie richtender Bereicherungsanspruch besteht.

Der Sachverhalt:
Über das Vermögen einer Möbelhaus-KG war im Jahr 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet worden und einer der Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer AG, die im Jahr 2000 als Auffanggesellschaft nach einer Kapitalerhöhung das noch vorhandene Aktivvermögen der Möbelhaus-KG gegen Übernahme ihrer Verbindlichkeiten erworben hatte. Bei der Zeichnung der Aktien durch die KG war der Kaufvertrag zwischen den Parteien bereits abgesprochen.

Der Kläger machte gegen die Beklagten (Insolvenzverwalter, Aufsichtsratsvorsitzender und die beiden Vorstände der AG) Ansprüche aus dem zwischen der AG und der Möbelhaus-KG geschlossenen Kaufvertrag geltend. Insoweit stützte er seine Ansprüche insbesondere auf den aktienrechtlichen Rückzahlungsanspruch gemäß § 62 AktG (Haftung von Aktionären beim Empfang verbotener Leistungen). Die hierauf gerichtete Klage wiesen die Vorinstanzen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Die Gründe:
Der Kläger kann gegen die Beklagten einen Zahlungsanspruch haben.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich allerdings keine Ansprüche aus dem Kaufvertrag. Dieser war bei Zeichnung der Aktien durch die KG bereits zwischen den Parteien abgesprochen und stellt sich somit als verdeckte gemischte Sacheinlage dar. Dies führt zwar zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags, nicht aber zu dem vom Kläger bislang vorrangig geltend gemachten Rückzahlungsanspruch aus § 62 AktG.

Grundsätzlich kann dem Kläger aber ein Bereicherungsanspruch (Saldotheorie) in Höhe einer etwaigen Differenz zwischen den übernommenen (und ausgeglichenen) Verbindlichkeiten und dem Wert der rechtsgrundlos empfangenen Gegenleistungen (Anlage- und Umlaufvermögen, soweit dieses nicht mehr Zug um Zug herausgegeben werden kann, sowie Nutzungsmöglichkeiten) zustehen. Hierzu hat der Kläger allerdings noch nichts vorgetragen. Daher ist ihm gemäß § 139 Abs.2 ZPO Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Darlegungen nachzuholen. Auf Grundlage dieser Darlegungen muss das Berufungsgericht erneut prüfen, ob eine Haftung der beklagten Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 93, 111, 116 AktG eingreift. Der offene Einlageanspruch ist bisher nur hilfsweise Gegenstand der Klage.

Hinweis:
Der BGH hat sich mit diesem Themenkomplex bereits im Urteil vom 09.07.2007 (Az.: II ZR 62/06 „Lurgi“) befasst. Gegenstand dieses Urteils war die Abgrenzung von Nachgründungsgeschäften und gemischten verdeckten Sacheinlagen. Der BGH hat entschieden, dass es nicht unbedingt ein gemäß § 52 AktG unwirksames Nachgründungsgeschäft darstellt, wenn Gesellschafter mit einer später in Insolvenz gefallenen Aktiengesellschaft vor dem Insolvenzfall einen Werkvertrag zum Bau einer Anlage schließen und hieraus Werklohn erhalten. Es könne vielmehr eine verdeckte gemischte Sacheinlage vorliegen. Dies habe zur Folge, dass ein etwaiger Rückzahlungsanspruch des Insolvenzverwalters gemäß § 62 AktG ausgeschlossen sei und lediglich ein sich nach der Saldotheorie richtender Bereicherungsanspruch bestehe.

BGH 18.02.2008, II ZR 132/06

Quelle: BGH PM Nr.31 vom 18.02.2008