Barrabatte für Heilmittel an Endverbraucher sind unzulässig

OLG Frankfurt, 30.06.2005, 6 O 179/04

Auch Barrabatte, die Anbieter von Heilmitteln für ihr gesamtes Sortiment einräumen, unterfallen dem HWG und sind damit in der Regel wettberwerbswidrig.

Ein Konkurrent hatte gegen ein Unternehmen geklagt, das u.a. Hörgeräte an Endverbraucher vertreibt. Letzteres hatte anlässlich des 25-jährigen Geschäftsjubiläums in einer Broschüre mit einem 15 %-igen Jubiläumsrabatt auf alle digitalen Hörsysteme bis zum 31.12.2004 geworben.

Die Entscheidung befasst sich mit verschiedenen Rechtsproblemen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), die in der Rechtsprechung durchaus unterschiedlich beurteilt werden.

Produktbezogene Werbung vs. Imagewerbung
Der erkennende Senat ist der Ansicht, dass Rabatte, die das gesamte Produkt- oder Warensortiment betreffen, als produktbezogene Werbemaßnahmen anzusehen sind. Das OLG Düsseldorf hatte dies in dem Fall eines 10 %-igen Sonderrabatts einer Apothekerin für OTC-Produkte anders gesehen. Der Frankfurter Senat erkennt an, dass nicht alle “Zuwendungen” eine direkte Kopplung mit dem Warenabsatz aufweisen müssen und daher als unternehmensbezogene Imagewerbung zulässig sein können. Bei der Gewährung von Rabatten für das gesamte Sortiment (und erst Recht für Teilsortimente) steht nach Ansicht des Gerichts die Werbemaßnahmen unmittelbar mit dem Absatz der Produkte im Zusammenhang. Schließlich sei auch nicht nachzuvollziehen, dass gerade die besonders großflächig aufgefächerte Wertreklame einen geringeren und damit zulässigen Kaufanreiz ausübe.

Barrabatte sind “Zuwendungen”
Das Gericht geht ferner davon aus, dass Barrabatte dem Begriff der “Zuwendungen” im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG unterfallen und damit am HWG zu messen sind. Damit entscheidet der Senat auf einer Linie mit den Oberlandesgerichten in Düsseldorf und Hamburg. In der Literatur wird dies mit Hinweis auf die frühere Rechtslage und den Wortlaut (“Zuwendungen und sonstige Werbegaben”) des Gesetzes anders beurteilt.

Konsequenzen
Rabatte an Endverbraucher sind nach dem HWG nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Wegen der nicht einheitlichen Rechtsprechung sollte derartige Werbemaßnahmen vor ihrer Umsetzung fachkundig auf ihre Zulässigkeit geprüft werden.

Ausdrücklich erlaubt ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG die Abgabe von Reklamegegenständen von geringem Wert und von geringwertigen Kleinigkeiten:

Reklamegegenstände müssen eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des Arzneimittels tragen. Der Wert des Gegenstandes darf laut der gesetzlichen Vorgabe nur gering sein, wobei der Werbeaufdruck maßgeblichen Einfluss auf die Wertschätzung haben kann. Richtgröße dürfte hier 0,50 Euro sein. Zulässig dürfte es demnach sein, bedruckte Luftballons, Taschenkalender, Bleistifte oder Kugelschreiber zu verschenken.

Geringwertige Kleinigkeiten sind Waren oder Dienstleistungen, denen auch ohne Werbebezeichnung niemand einen besonderen Wert beimisst. Richtgröße ist auch hier ein Wert von 0,50 Euro. Dass vor diesem Hintergrund in der Rechtsprechung die Erstattung der Praxisgebühr als unzulässig angesehen wird, ist nachvollziehbar. Ein Grenzfall ist die kostenfreie Abgabe von Stofftragetaschen (ohne Werbeaufdruck).