Abgabe von Medizinprodukten in einer Arztpraxis – BGH: Nur ausnahmsweise zulässig

Es ist einem niedergelassenen Arzt mit dem Schwerpunkt Diabetologie verboten, in seiner Praxis Blutzuckerstreifen eines Sanitätshauses an seine Patienten abzugeben. Dieses hat der Bundes- gerichtshof (BGH) in einer Entscheidung aus dem Juni 2005 geurteilt. (Az. I ZR 215/02).

Wie bereits die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Köln (OLG), beanstandete auch der BGH die Abgabe der Teststreifen an Patienten als berufsrechtswidriges Verhalten, das eine unerwünschte Kommerzialisierung des Arztberufes bedeute und gegen § 3 der Berufordnung verstoße. Die Abgabe der Teststreifen stelle ein geschäftsmäßiges Gebaren dar, welches mit dem Berufsbild eines Arztes nicht vereinbar sei und bei der Patientenversorgung zu einer Orientierung an ökonomischen Erfolgskriterien statt an medizinischen Notwendigkeiten führe. Nach Ansicht der Karlsruher Richter folgten hieraus langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Die Richter führten weiter aus, dass die Abgabe von Medizinprodukten durch den Arzt nur dann erlaubt sei, wenn die ärztlichen Mitwirkung bei der Abgabe medizinisch geboten sei. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise an die Einweisungen in die Handhabung eines Produktes zu denken, an erforderliche Nachschulungen, Anpassungs- und Kontrollleistungen oder an eine Notfallversorgung. Ein derartige medizinische Indikation für die Abgabe der Blutzuckerteststreifen sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar, weshalb der Arzt die Patienten auf den Bezug der Teststreifen in einer Apotheke oder einem Sanitätshaus zu verweisen habe.

Anmerkung: In einem Urteil aus dem Jahr 2003 hat das OLG Naumburg ausdrücklich die Abgabe von Teststreifen eines niedergelassenen Arztes an seine Patienten zugelassen. Durch das Urteil des BGH ist das Urteil des OLG Naumburg hinfällig geworden. In Anbetracht der Kooperationsmöglichkeiten zwischen Arztpraxen und Apotheken scheint die Begründung des BGH wenig zeitgemäß. Letztlich wird es aber einer Klarstellung in der Berufsordnung bedürfen. Bis dahin sind die Kriterien des BGH für die Abgabe von Medizinprodukten in einer Arztpraxis zu beachten.