Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung kann Anspruch auf Arbeitslosengeld unberührt lassen

Bundessozialgericht, 12.07.2006 – B 11a AL 47/05 R

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 12.07.2006 entschieden, dass Arbeitnehmer einer drohenden betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich zuvorkommen können, indem sie mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung schließen. Hiermit sind keine Einbußen beim Arbeitslosengeld in Form einer Sperrzeit verbunden, wenn die drohende Kündigung rechtmäßig gewesen wäre und der Arbeitnehmer unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Dem Rechtsstreit lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger acht Jahre lang als Lagerarbeiter bei der M. GmbH beschäftigt war. Im Zuge einer betreiblichen Umstrukturierung fiel der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos weg.
Um der drohenden betriebsbedingten Kündigung zuvorzukommen, schloss der Kläger mit seiner Arbeitgeberin am einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist beendet werden und der Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro erhalten sollte.

Die Agentur für Arbeit zahlte dem Kläger für die ersten zwölf Wochen seiner Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld (Sperrzeit), weil dieser nicht gekündigt worden sei, sondern das Arbeitsverhältnis – ohne wichtigen Grund – selbst beendet habe. Die hiergegen gerichtete Klage war in allen Instanzen erfolgreich.

Die Gründe:
Das Bundessozialgericht führt aus, dass der Verhängung einer Sperrzeit entgegensteht, dass dem Kläger ohne Abschluss des Aufhebungsvertrags eine – arbeitsrechtlich nicht anfechtbare – betriebsbedingte Kündigung gedroht habe. Diese hätte das Arbetisverhältnis zu demselben Zeitpunkt beendet, wie der Aufhebungsvertrag. Bei dieser Sachlage war der Kläger nicht verpflichtet, eine betriebsbedingte Kündigung (ohne Abfindung) abzuwarten.

In Fällen wie dem Vorliegenden stehen dem Interesse des Arbeitnehmers, sich durch Abschluss des Aufhebungsvertrags eine Abfindung zu sichern, keine schutzwürdigen Interessen der Versichertengemeinschaft an einem Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung gegenüber. Daher müssen auch keine zusätzlichen Gründe hinzutreten, die ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung für den Arbeitnehmer unzumutbar machen.

Anmerkung:
Im vorliegenden Fall fand § 1 a KSchG n.F. noch keine Anwendung, weshalb das Bundessozialgericht nicht darüber entscheiden musste, ob in diesem Fall eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung vorgenommen werden muss. Der entscheidende Senat hat allerdings angekündigt, dass er zukünftig das Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Beendiung des Arbeitsverhältnsises erwäge, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs.2 KSchG vorgesehene Höhe nicht überschreite.