Ein Verzicht auf Probezeit kann auch als Ausschluss der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG gewertet werden

Das Landesarbeitsgericht Köln ( LAG 15.12.2006, 9 Ta 467/06 ) gab einer Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers statt, dessen sechsmonate Wartzeit nach dem KSchG noch nicht abgelaufen war, da zuvor ein ausdrücklicher Verzicht auf eine Probezeit vereinbart worden war..

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war ab November 1999 bei der Beklagten als Service-Mitarbeiterin beschäftigt und beim Kunden A. in der Kartenlogistik eingesetzt. Nachdem die Kartenlogistik für diesen Kunden von der Firma C. übernommen worden war, wurde die Klägerin von C. mit demselben Aufgabenbereich weiterbeschäftigt.

Ab Januar 2006 übernahm die Beklagte wieder die Kartenlogistik für A. Der Kunde teilte der Beklagten mit, dass er eine weitere Betreuung des Bereichs durch die Klägerin wünsche. Die Beklagte stellte daraufhin die Klägerin wieder ein. Dabei vereinbarten die Parteien auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin mit Wirkung zum 1.1.2006 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ohne Probezeit.

Am 27.6.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 11.7.2007. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt und daher gemäß § 1 Abs.1 KSchG unwirksam sei. Dem stehe nicht entgegen, dass sie noch keine vollen sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei, da sie die sechsmonatige Wartezeit gemäß § 1 Abs.1 KSchG stillschweigend ausgeschlossen hätten.

Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin Prozesskostenhilfe für die Klage. Das ArbG wies den Antrag zurück, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

Die Gründe:
Die Kündigungsschutzklage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil kein Kündigungsgrund im Sinn von § 1 KSchG vorliegt. Das KSchG ist hier anwendbar, obwohl die Klägerin die Wartezeit gemäß § 1 Abs.1 KSchG im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erfüllt hatte. Indem die Parteien auf Wunsch des Kunden A. und auf Grund der früheren Beschäftigung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ohne Probezeit vereinbart haben, haben sie die Wartezeit gemäß § 1 Abs.1 KSchG stillschweigend abbedungen.

Zweck der gesetzlichen Wartezeit ist es, dem Arbeitgeber die Gelegenheit zu geben, den Arbeitnehmer erst einmal kennen zu lernen, ohne durch das Verbot sozial ungerechtfertigter Kündigungen gleich gebunden zu sein. Einer solchen Erprobung bedurfte es im Streitfall nicht, da die Klägerin die Tätigkeit schon mehrere Jahre lang ausgeübt hat und dabei zeitweise bei der Beklagten beschäftigt war.

Außerdem hat der Kunde A. gegenüber der Beklagten sein besonderes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Klägerin zum Ausdruck gebracht. Indem die Parteien in dieser Situation auf eine Probezeit verzichtet haben, haben sie konkludent vereinbart, dass der Klägerin auch in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung bei der Beklagten nur aus den in § 1 KSchG aufgeführten Gründen gekündigt werden darf.