Kein Schmerzensgeld für den Verlust von Nabelschnurblut – aber Haftung für Folgeschäden

Landgericht Leipzig, 02.06.2006 – 06 O 826/06, nicht rechtskräftig

Ein Kind, dessen Nabelschnurblut nach seiner Geburt konserviert werden sollte, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn das Blut durch fahrlässiges Verhalten von Mitarbeitern der Stammzellenbank verloren geht. Die Stammzellenbank haftet aber für Schäden, die aus dem Verlust des Nabelschnurblutes resultieren, sofern eine Erkrankung des Klägers mittels aus dem Nabelschnurblut gewonnener Stammzellen hätte therapiert werden können.

Die Eltern des Klägers hatten vor seiner Geburt die Beklagte beauftragt, bei der Geburt entnommenes Nabelschnurblut zu konservieren. Sie gingen davon aus, dass es der medizinischen Forschung in der Zukunft gelingen werde, Krankheiten mittels aus dem Nabelschnurblut gewonnener Stammzellen zu behandeln. Durch ein fahrlässiges Versehen eines Mitarbeiters der Beklagten war das Blut aus dem Entnahmebeutel ausgelaufen und konnte nicht mehr konserviert werden. Der Kläger verlangte Schmerzensgeld und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm möglicherweise in Zukunft entstehende Schäden wegen des Verlustes des Nabelschnurblutes zu ersetzen.

Das Landgericht versagt dem Kläger den Anspruch auf Schmerzensgeld, da kein Eingriff in die körperliche Integrität oder eine Schädigung der Gesundheit des Klägers feststehe. Der Kläger sei gesund, altersgerecht entwickelt und in seiner Gesundheit zur Zeit nicht beeinträchtigt, Nabelschnurblut hingegen für die körperliche Integrität und Entwicklung sowie die Funktionen des Körpers nicht notwendig, da mit der Geburt das Kind von der Versorgung über die Nabelschnur unabhängig ist. Der Kläger habe mit dem Verlust des Nabelschnurblutes nur die Chance einer künftigen Behandlung mit Präparaten aus Stammzellen im Falle einer Erkrankung verloren. Dieser Verlust sei aber nicht mit einer Körperverletzung oder einem aktuellen Gesundheitsschaden vergleichbar.

Auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechtes sei nicht gegeben, da der fahrlässige Verlust des Nabelschnurblutes nicht in schwerwiegender Weise in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreife. Außerdem habe der Kläger für den Fall, dass tatsächlich in Zukunft ein Schaden eintrete, alle im Gesetz vorgesehenen Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Beklagte ist dem Kläger allerdings wegen der Verletzung von Vertragspflichten zum Schadensersatz verpflichtet, falls er erkrankt und wegen des Verlustes gar nicht oder nur mit aufwändigeren Therapien behandelt werden kann. In diesem Fall bestehe unter Umständen auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld.