Haftung von GmbH-Gesellschaftern für Entnahmen naher Angehöriger

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16.06.2006 -
11 K 12806/03

Tätigen nahe Angehörige eines GmbH-Gesellschafters Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen, so haftet letzterer (einkommens-) steuerrechtlich für die entnommenen Beträge. Die Entnahmen sind als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln, die dem Gesellschafter steuerlich zuzurechnen.

Der Kläger hatte im Jahr 1994 eine GmbH gegründet und seinen Vater zum Geschäftsführer bestellt. In den Jahren 1995 und 1996 entnahm der Vater des Klägers 180.000 DM aus dem Gesellschaftsvermögen. Das Finanzamt qualifizierte die Entnahmen als verdeckte Gewinnausschüttungen, die dem Kläger zugerechnet wurden. Die Klage gegen die entsprechend erlassenen Einkommensteuerbescheide hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts ist der entnommene Betrag von 180.000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und dem Kläger zuzurechnen.

Unter verdeckten Gewinnausschüttungen versteht man die Zuwendung eines Vermögensvorteils durch die Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter, die außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung erfolgte und gesellschaftlich veranlasst ist. Letzteres ist der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sie einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht zugewendet hätte, d.h. die Ursache im Gesellschaftsverhältnis begründet ist. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind Zuwendungen eines Vermögensvorteils auch an eine nahe stehende Person als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen und dem anderen zuzurechnen. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind als gesellschaftlich veranlasste Zuwendungen beim Gesellschafter zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG).

Danach sind die vom Vater des Klägers entnommenen Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen einzustufen. Die GmbH hat außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einer dem Kläger nahe stehenden Person Vermögensvorteile zugewandt, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Die Entnahmen muss sich der Kläger auch zurechnen lassen. Die Handlungen des Geschäftsführers sind der Kapitalgesellschaft selbst dann zuzurechnen, wenn der Geschäftsführer die Gesellschaft durch die betreffenden Handlungen in strafbarer Weise schädigt. Unabhängig davon muss sich der Kläger die Entnahmen auch deswegen zurechnen lassen, weil er seinen gesellschaftsrechtlichen Kontrollpflichten nicht nachgekommen ist, da er die für die Gesellschaft erstellten Jahresabschlüsse weder geprüft noch beanstandet hat, obwohl dies zu seinen Pflichten als Gesellschafter gehörte.