Ärztliche Aufklärungspflichten bei Einsatz medizinischer Neulandverfahren (hier Robodoc-Operation)
Bundesgerichtshof, 13.06.2006 – VI ZR 323/04
Will der behandelnde Arzt medizinische Neulandverfahren anwenden, so ist der Patient insbesondere darüber aufzuklären, dass unbekannte Risiken nicht auszuschließen sind. Eine Haftung setzt aber voraus, dass sich das Risiko der unterbliebenen Aufklärung im Schadensfall auch tatsächlich realisiert.
Der Klägerin wurde im September 1995 von dem behandelnden Arzt mit Hilfe eines computerunterstützten Fräsverfahren (Robodoc) eine zementfreie Hüftgelenksprothese implantiert, wobei es zu einer Schädigung eines Nervs kam. Seither ist sind Fuß und Bein in ihrer Funktion beeinträchtigt. Die Klägerin verlangt wegen der nicht erfolgten Aufklärung über die Risiken der seinerzeit neuen Operationsmethode Schadensersatz.
Der Bundesgerichtshof verlangt von dem behandelnden Arzt, beim Einsatz neuer medizinischer Verfahren, deren Risiken noch nicht abschließend erforscht sind, den Patienten darüber aufzuklären, gegenüber der Standardmethode unbekannte Risiken nicht auszuschließen sind. Der Patient muss in die Lage versetzt werden, sorgfältig beurteilen zu können, ob er sich nach der Standardmethode oder dem Neulandverfahren behandeln lassen möchte. Dabei hat er zwischen den bekannten Risiken und den in Aussicht gestellten Vorteilen der neuen Methode unter Berücksichtigung der unbekannten Gefahren abzuwägen.
Obwohl die Aufklärung des behandelnden Arztes diesen Anforderungen nicht genügte, verneinte der Bundesgerichtshof im konkreten Fall dessen Haftung für die Nervschädigung. Es habe sich lediglich ein auch der herkömmlichen Methode anhaftendes Risiko realisiert, über das die Klägerin aufgeklärt worden war.