Laienwerbung für Medizinprodukte ist unzulässig
Bundesgerichtshof, 06.07.2006 – I ZR 145/03
Werbeprämien für Medizinprodukte verstoßen gegen das Heilmittelwerbegesetz und sind daher in der Regel auch wettbewerbsrechtlich unzulässig.
Gegenstand des Rechtsstreits war die Zulässigkeit der Werbeaktion eines Augenoptikfilialisten (Apollo Optik). Dieser hatte seine Kunden in einem im Jahre 2002 verteilten Werbefaltblatt mit dem Motto „Kunden werben Kunden“ aufgefordert, neue Kunden für Gleitsichtgläser zu werben. Für Neukunden wurden dem Werber bei einem Auftragswert von mindestens 100,00 Euro eine von sechs Werbeprämien im Wert von jeweils ca. 30,00 Euro zugesagt. Es handelte sich dabei um Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Wasserkocher, Fieberthermometer und Reisesets. Der klagende Konkurrent sah darin eine wettbewerbswidrige Laienwerbung und beantragte Unterlassung.
Nach Ansicht der Richter ist Laienwerbung grundsätzlich nicht zu beanstanden, solange keine besonderen Umstände vorliegen. Der frühere restriktive Maßstab sei nach der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes zu streng und so nicht mehr haltbar. Der Gesetzgeber habe die Zulässigkeit sachfremder Zuwendungen durch seine Entscheidungen ausdrücklich gelockert.
Vorliegend kommt das Gericht trotzdem zur Unzulässigkeit der Werbemaßnahme für die angebotenen Gleitsichtgläser. Die Unlauterbarkeit folge aus einem Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz, wonach das Ankündigen und Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbeabgaben für Medizinprodukte unzulässig ist. Bei den angebotenen Gleitsichtgläsern handele es sich eben um Medizinprodukte im Sinne des Gesetzes. Die gesetzliche Wertung sei auch bei der Anwendung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten und führe dazu, dass die Auslobung von Werbeprämien für Medizinprodukte grundsätzliche eine unangemessene unsachliche Einflussnahme gemäß § 4 Nr. 1 UWG darstelle.
Anmerkung und Konsequenzen:
Der Gesundheitsbereich soll nach Ansicht des Bundesgerichtshofes unverändert von Prämienversprechen freigehalten werden. Sachfremde Zuwendungen an Endverbraucher sind nach dem HWG nur in Ausnahmefällen zulässig. Ausdrücklich erlaubt ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG die Abgabe von Reklamegegenständen von geringem Wert und von geringwertigen Kleinigkeiten. Reklamegegenstände müssen eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des Arzneimittels tragen. Der Wert des Gegenstandes darf laut der gesetzlichen Vorgabe nur gering sein, wobei der Werbeaufdruck maßgeblichen Einfluss auf die Wertschätzung haben kann. Geringwertige Kleinigkeiten sind Waren oder Dienstleistungen, denen auch ohne Werbebezeichnung niemand einen besonderen Wert beimisst. Richtgröße ist ein Wert von 0,50 Euro. Die kostenfreie Abgabe von Stofftragetaschen mit und ohne Werbeaufdruck kann daher durchaus unterschiedlich zu beurteilen sein.
Jenseits des Gesundheitsbereichs sind die Grenzen der Abgabe von Prämien und Zuwendungen hingegen deutlich gelockert. Das Gericht weist ausdrücklich auf die gesetzgeberische Entscheidung hin, derartigen Werbemaßnahmen einen größeren Spielraum einzuräumen. Zu prüfen ist aber im Einzelfall, ob nicht besondere Umstände für die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung sprechen.