Identität von Patienten durch ärztliche Schweigepflicht geschützt
OLG Karlsruhe, 11.8.2006 – 14 U 45/04
Die ärztliche Schweigepflicht umfasst auch die Identität von Patienten. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verbietet es Ärzten und ihren berufsmäßigen Gehilfen, ein im Rahmen der Berufsausübung bekannt gewordenes, den persönlichen Lebensbereich betreffendes Geheimnis des Patienten zu offenbaren. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zählt hierzu auch die Identität des Patienten und der Umstand, dass er sich überhaupt einer ärztlichen Behandlung unterzogen hat.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte sich in einer vom Beklagten betriebenen Fachklinik für psychogene Erkrankungen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme unterzogen. Bei einer Tanztherapie stieß sie mit einem Mitpatienten zusammen und verletzte sich dabei am Bein. Die Klägerin behauptete, dass ihr durch den Sturz ein Dauerschaden entstanden sei. Dieser sei vom dem Mitpatienten verursacht worden, weshalb die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz beanspruchte.
Außerdem verlangte die Klägerin vom Beklagten, ihr Name und Anschrift des Mitpatienten mitzuteilen, damit sie auch gegen ihn Ansprüche geltend machen könne. Dies verweigerte der Beklagte unter Berufung auf seine Schweigepflicht. Die Auskunftsklage der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin kann vom Beklagten keine Auskunft über Namen und Anschrift des Mitpatienten verlangen. Der Beklagte kann sich auf die in § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verbriefte ärztliche Schweigepflicht berufen. Hiernach ist es Ärzten und ihren berufsmäßigen Gehilfen untersagt, ein im Rahmen der Berufsausübung bekannt gewordenes, den persönlichen Lebensbereich betreffendes Geheimnis des Patienten zu offenbaren. Dazu gehört auch die Identität des Patienten und der Umstand, dass er sich überhaupt einer ärztlichen Behandlung unterzieht.
Anders sei die Lage nach Auffassung der Karlsruher Richter zu beurteilen, wenn die Klägerin eine Einwilligung des Mitpatienten in die Nennung seines Namens beigebracht hätte. Gründe, nach denen sich die Beklagte in einem Notstand befand, sahen die Richter nicht vorliegen, da ein solcher voraussetzen würde, dass die Interessen der Klägerin im Rahmen einer Abwägung höher einzustufen seien als die ärztliche Schweigepflicht.
Vorliegend gingen die Richter von dem Vorrang des Geheimbereichs des Patienten vor den Interessen der Klägerin an einer Durchsetzung ihrer Ansprüche aus.