Schadensersatzansprüche der Massegläubiger gegen den Insolvenzverwalter

Bundesgerichtshof, 09.08.2006 – IX ZB 200/05

Der Insolvenzverwalter ist nicht berechtigt, Schadensersatzansprüche der Massegläubiger gemäß § 61 InsO gegen seinen Vorgänger im Amt des Insolventverwalters geltend zu machen.

Der Antragsteller ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Sein Vorgänger im Amt hatte bei der Fortführung des Betriebs der Schuldnerin Masseverbindlichkeiten begründet, die aus der Insolvenzmasse nicht erfüllt werden konnten. Im Laufe des Verfahrens wurde er als Verwalter abberufen und über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet, in dem Forderungen der Massegläubiger gegen ihn aus der Betriebsfortführung bei der Schuldnerin zur Tabelle festgestellt wurden. Der Antragsteller beabsichtigt, von dem Haftpflichtversicherer des früheren Insolvenzverwalters gemäß § 157 VVG Ausgleich der den Massegläubigern gegen seinen Vorgänger im Amt aus § 61 InsO zustehenden Schadensersatzansprüche zu verlangen. Er hat deshalb Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Klage beantragt, was der Bundesgerichtshof vorliegend ablehnt.

§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, wonach eine Partei kraft Amtes Prozesskostenhilfe erhält, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können, findet vorliegend keine Anwendung, weil der Antragsteller hier nicht als Partei kraft Amtes in gesetzlicher Prozessstandschaft klagen kann. Beabsichtigt der Insolvenzverwalter, Ansprüche geltend zu machen, die nicht zum verwalteten Vermögen gehören, ist § 116 ZPO nicht einschlägig; es gelten §§ 114, 115 ZPO. Bei dem Schadensersatzanspruch aus § 61 InsO wegen Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten handelt es sich um einen Individualanspruch, der während des Insolvenzverfahrens von den geschädigten Massegläubigern gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann. Der Insolvenzverwalter ist nicht gemäß § 92 InsO befugt, den Schaden, der den Massegläubigern durch die Betriebsfortführung entstanden ist, geltend zu machen. Der auf den Vertragsschluss mit dem früheren Insolvenzverwalter beruhende finanzielle Nachteil der Neugläubiger betrifft nur diese persönlich, nicht dagegen die Gesamtheit der Gläubiger. Daher fehlt ein Bezug dieses Anspruchs zur Insolvenzmasse. Da Ziel der beabsichtigten Klage nicht eine Anreicherung der Masse ist, fehlt dem Antragsteller insoweit die gesetzliche Prozessführungsbefugnis.