Anspruch von Insolvenzgläubigern auf Zusendung eines Gutachtens
Oberlandesgericht Celle, 31.08.2006 – 4 W 151/06
Beantragen Insolvenzgläubiger die Zusendung eines im Eröffnungsverfahrens erstellten Insolvenzgut- achtens, müssen die Insolvenzgerichte eingehend Kosten und Nutzen der Kopieanfertigung und Versendung überprüfen.
Der Antrag darf nicht nur deshalb zurückweisen, weil die Akten gemäß § 299 Abs. 2 ZPO nur auf der Geschäftsstelle des Gerichts eingesehen werden könnten. De facto wird dem Gläubiger ein ihm zustehendes Recht versagt, wenn er seinen Sitz weit entfernt vom Insolvenzgericht hat und ihm die erheblichen Fahrt- und Personalkosten nicht zugemutet werden können, um Akteneinsicht zu nehmen.
Im Streitfall hatte das Insolvenzgericht ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, ob die Insolvenzschuldnerin noch über eine die Verfahrenskosten deckende Masse verfügte. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass nicht ausreichend Masse vorhanden sei, weshalb das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ablehnte. Der betroffene Gläubiger beantragte beim Insolvenzgericht, ihm eine Kopie des Sachverständigengutachtens zu übersenden. Dies lehnte das Gericht mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin gemäß § 299 Abs. 2 ZPO lediglich das Recht auf Akteneinsicht in der Geschäftsstelle des Gerichts habe. Ein Recht auf Fertigung von Abschriften und Auszügen stehe nur den Parteien zu. Dies seien im eröffneten Insolvenzverfahren die Insolvenzgläubigern.