Mitdarlehensnehmereigenschaft schließt Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags aus

Keine Sittenwidrigkeit des Darlehenvertrags bei echten Mitdarlehensnehmern

Derjenige, der die Mithaftung für einen Kredit übernimmt, dessen Valuta einem Dritten zugewandt werden soll, kann ein eigenes Interesse an der Darlehensaufnahme haben und daher ein echter Mitschuldner sein. In solchen Fällen kommt eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags wegen einer finanziellen Überforderung des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht in Betracht.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten bei der beklagten Bank ein Darlehen aufgenommen, wofür die Eheleute eine Lebensversicherung als Sicherheit stellten. Das Geld leiteten sie an den Sohn des Ehemanns weiter. Dieser war zuvor in finanzielle Schwierigkeiten geraten und das Paar wollte ihm helfen. Der Stiefsohn verpflichtete sich zur Kreditrückzahlung. Nachdem er in Verzug geraten war, kündigte die Beklagte den Darlehensvertrag und verwertete die Lebensversicherung der Klägerin.

Die Klägerin war der Ansicht, sie sei keine Mitdarlehensnehmerin gewesen, sondern wegen der familiären Verbundenheit lediglich eine Sicherungsgeberin. Außerdem sei der Darlehensvertrag wegen finanzieller Überforderung sittenwidrig.

Das LG gab der Klage in Höhe der ausgezahlten Versicherungssumme statt und wies weitergehende Schadensersatzansprüche der Klägerin ab. Auf die Berufung beider Parteien hob das OLG das Urteil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Herausgabe des Versicherungsbetrags aus § 812 Abs.1 S.1, 1.Alt. BGB und somit auch keinen Schadensersatzanspruch.

Die Klägerin ist eine echte Mitdarlehensnehmerin, für die eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags wegen einer finanziellen Überforderung des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist als echter Mitdarlehensnehmer ungeachtet der Bezeichnung im Vertrag derjenige anzusehen, der für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes sachliches oder auch persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat sowie als gleichberechtigter Partner über die Auszahlung oder Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf.

Die Klägerin nahm zusammen mit ihrem Ehemann den Kredit auf, um dessen Sohn zu helfen. Somit ist die Klägerin nicht einer fremden Schuld lediglich beigetreten, sondern hat im Zusammenwirken mit ihrem Ehemann bewusst die zunächst ihr zur freien Verfügung ausgezahlte Darlehensvaluta dazu verwendet, diese ihrem Stiefsohn zur Verfügung zu stellen. Demzufolge ist sie als echte Mitdarlehensnehmerin aufgetreten.

Doch selbst bei einer Sittenwidrigkeit der von der Klägerin übernommenen Zahlungsverpflichtung folgt hieraus noch nicht, dass der Beklagten die Verwertung der abgetretenen Lebensversicherung verwehrt wäre. Denn der Klägerin drohte nicht die Gefahr einer dauerhaften Zahlungsverpflichtung, sondern „lediglich“, vorhandenes Vermögen zu verlieren.

OLG Celle 23.01.2008, 3 U 180/07