BGH: Zu den Grenzen zulässiger Zusammenarbeit von Augenärzten und Optikern
Die Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Optiker kann zulässig sein
§ 3 Abs. 2 und § 34 Abs. 5 BOÄ sind Marktverhaltensregelungen, deren Verletzung auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber Ärzten begründen kann, die es ihnen untersagen gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen. Allerdings ist die Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Optiker zulässig, wenn sie notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Augenarzt. Er bietet zudem seinen Patienten an, sich in seiner Praxis unter ca. 60 Musterbrillenfassungen eines in einem anderen Bundesland ansässigen Optikers eine Fassung auszusuchen. Danach werden seine Messergebnisse und die Brillenverordnung dem Optiker übermittelt, der die fertige Brille entweder direkt an den Patienten oder auf dessen Wunsch in die Praxis des Beklagten liefert. Dort wird der Sitz der Brille kontrolliert und ggf. korrigiert.
Der Beklagte gab an, er biete die Brillenvermittlung nur in Ausnahmefällen alten, gehbehinderten oder solchen Patienten an, die an bestimmten Erkrankungen litten oder schlechte Erfahrungen mit ortsansässigen Optikern gemacht hätten. Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sah das allerdings anders. Sie war der Auffassung, der Beklagte verstoße mit seiner Vorgehensweise gegen § 3 Abs. 2 und § 34 Abs. 5 BOÄ.
Das LG gab der Unterlassungsklage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht angenommen, es liege darin ein hinreichender Grund für die Verweisung eines Patienten an einen weit entfernten Optiker, dass Optiker die Sehschärfe selbst bestimmen und die dann angefertigte Brille von der Brillenverordnung abweichen kann.
§ 3 Abs. 2 und § 34 Abs. 5 BOÄ sind Marktverhaltensregelungen, deren Verletzung auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann. Folgte man allerdings der Ansicht des OLG, könnten Augenärzte Patienten unbeschränkt an bestimmte Optiker verweisen. In diesem Fall käme dem Verweisungsverbot überhaupt keine Bedeutung mehr zu, weil die Möglichkeit niemals ausgeschlossen werden könnte, dass Optiker von der Verordnung abweichende Gläser herstellen. Vielmehr kann der Augenarzt auf andere Weise verhindern, dass der Optiker Brillengläser herstellt, die in der Stärke von der ärztlichen Versorgung abweichen.
Die Klägerin kann dem Beklagten allerdings nicht allgemein verbieten, Patienten an einen bestimmten Optiker zu verweisen oder von diesem angefertigte Brillen in seiner Praxis anzupassen und abzugeben. § 34 Abs. 5 BOÄ gestattet die Verweisung, wenn dafür ein hinreichender (nicht notwendig medizinischer) Grund besteht. Nach § 3 Abs. 2 BOÄ ist die Anpassung und Abgabe einer Brille durch einen Augenarzt zulässig, wenn sie notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist.
Hierzu hatte die Klägerin geltend gemacht, dass bereits die von dem Beklagten vorgelegten Erklärungen seiner Patienten keine hinreichenden Gründe für eine Verweisung an einen bestimmten Optiker haben erkennen lassen. Danach fanden es die meisten Patienten lediglich bequemer, alle Leistungen “aus einer Hand” zu erhalten. Soweit sich Patienten auf schlechte Erfahrungen mit einem örtlichen Optiker berufen hätten, sei nicht deutlich geworden, weshalb nicht die Dienste anderer örtlicher Optiker in Anspruch genommen werden konnten.
Da Anpassung und Abgabe von Brillen bei Bequemlichkeit der Patienten nicht als ärztliche Therapie i.S.v. § 3 Abs. 2 BOÄ angesehen werden können und das Berufungsgericht zu diesem Parteivorbringen noch keine Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Quelle: BGH PM Nr.147 vom 9.7.2009