EuGH: Kein Schutz für Ursprungsbezeichnungen durch bilaterale Verträge zwischen zwei europäischen Staaten

Die Bezeichnung “Bud” kann außerhalb der gemeinschaftlichen Schutzregelung nicht als Ursprungsbezeichnung geschützt werden

Ursprungsbezeichnungen und sog. qualifizierte geografische Angaben sind, wenn sie die Voraussetzungen der Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen erfüllen, geschützt. Die Verordnung gilt dagegen nicht für die sog. einfachen geografischen Angaben. Die Bezeichnung “Bud” für in der Tschechischen Republik hergestelltes Bier könnte eine einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe darstellen.

Der Sachverhalt:
Das Handelsgericht Wien hat sich mit der Frage an den EuGH gewendet, unter welchen Voraussetzungen die Bezeichnung “Bud” für in der Tschechischen Republik hergestelltes Bier aufgrund eines bilateralen Abkommens geschützt werden darf.

In einem 1999 vor dem Handelsgericht eingeleiteten Verfahren wollte die tschechische Brauerei Budejovický Budvar einem Wiener Getränkevertrieb untersagen lassen, von der Brauerei Anheuser-Busch hergestelltes Bier unter der Marke “American Bud” zu vertreiben. Budvar machte geltend, dass die Verwendung der Bezeichnung American Bud für ein Bier nicht tschechischer Herkunft gegen ein 1976 zwischen Österreich und der ehemaligen CSSR geschlossenes bilaterales Abkommen verstoße. Die Bezeichnung “Bud” stelle eine nach diesem Abkommen geschützte Bezeichnung dar, die daher nur für tschechische Erzeugnisse verwendet werden dürfe.

Der EuGH entschied, dass die Bezeichnung “Bud” außerhalb der gemeinschaftlichen Schutzregelung nicht als Ursprungsbezeichnung geschützt werden kann.

Die Gründe:
Ursprungsbezeichnungen und sog. qualifizierte geografische Angaben sind, wenn sie die Voraussetzungen der Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen erfüllen, geschützt. Die Verordnung gilt dagegen nicht für die sog. einfachen geografischen Angaben. Damit sind solche Angaben gemeint, die nicht voraussetzen, dass die Erzeugnisse einen gewissen Ruf haben oder eine besondere Eigenschaft aufweisen, die sich von dem Ort ableiten, aus dem sie stammen.

Die Bezeichnung “Bud” könnte als einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe zu qualifizieren sein. Würde das Handelsgericht dieser Einschätzung folgen, hätte es zu prüfen, ob die Bezeichnung in der Tschechischen Republik geeignet ist, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus diesem Mitgliedstaat stammt und dort nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden ist. Unter diesen Voraussetzungen stünde das Gemeinschaftsrecht weder einem nationalen Schutz noch der Erstreckung dieses Schutzes im Wege eines bilateralen Vertrags auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entgegen.

Die Bezeichnung “Bud” ist nach Ansicht des Handelsgerichts aber eher als Ursprungsbezeichnung zu qualifizieren, die Erzeugnisse bezeichnet, die ihre Besonderheiten mit ihrem Herkunftsort verbundenen natürlichen oder menschlichen Einflüssen verdanken. “Bud” wurde von der Tschechischen Republik – im Gegensatz zu drei anderen Herkunftsangaben für Bier aus Ceske Budejovice – nicht nach dieser Verordnung angemeldet.

Insofern besitzt die Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen jedoch abschließenden Charakter. Demnach steht sie der Anwendung einer in Verträgen zwischen zwei Mitgliedstaaten vorgesehenen Schutzregelung entgegen, die einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats als Ursprungsbezeichnung anerkannten Bezeichnung Schutz in einem anderen Mitgliedstaat gewährt, in dem dieser Schutz tatsächlich beansprucht wird, während diese Ursprungsbezeichnung nicht nach dieser Verordnung angemeldet worden ist.

EuGH 8.9.2009, C-478/07

Quelle: EuGH PM Nr. 71 vom 8.9.2009