BGH: Apotheken dürfen geringfügige Rabatte gewähren

In Sachen

I ZR 193/07 – Wettbewerbsrecht

LG Schweinfurt – 5 HK O 30/06 – Urteil vom 19. Januar 2007
OLG Bamberg – 3 U 24/07 – Urteil vom 31. Oktober 2007

und

I ZR 37/08 – Wettbewerbsrecht

LG Karlsruhe – 15 O 74/07 KfH IV – Urteil vom 28. Juni 2007
OLG Karlsruhe – 6 U 141/07 – Urteil vom 13. Februar 2008

und

I ZR 72/08 – Wettbewerbsrecht
LG Darmstadt – 12 O 123/06 – Urteil vom 22. Dezember 2006
OLG Frankfurt am Main – 6 U 26/07 – Urteil vom 29. November 2007

und

I ZR 98/08 – Wettbewerbsrecht
LG Berlin – 102 O 91/06 – Urteil vom 14. November 2006
KG Berlin – 5 U 189/06 – Urteil vom 11. April 2008

und

I ZR 125/08 – Wettbewerbsrecht
LG Darmstadt – 12 O 403/06 – Urteil vom 8. Mai 2006
OLG Frankfurt am Main – 6 U 118/07 – Urteil vom 5. Juni 2008

und

I ZR 26/09 – Wettbewerbsrecht
LG Offenburg – 5 O 107/06 KfH – Urteil vom 12. September 2007
OLG Karlsruhe – 4 U 160/07 – Urteil vom 12. Februar 2009

hat der BGH mit Urteil vom 17.09.2010 entschieden.

Die Parteien dieser Parallelverfahren streiten um die Zulässigkeit von verschiedenen Apotheken-Bonussystemen. Die auf Unterlassung in Anspruch genommenen Apothekeninhaber und Unternehmen gewährten Kunden beim Erwerb von (bestimmten) Arzneimitteln oder von sonstigen Produkten nach unterschiedlichen Systemen unter anderem die Rückerstattung der Praxisgebühr, Preisnachlässe, Einkaufsgutscheine oder gar Prämien. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisbindungsvorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 78 AMG und §§ 1, 3 AMPreisV) sowie ein Verstoß gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (§ 7 HWG) vorgeworfen.

Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (veröffentlicht: OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969; Kammergericht GRUR-RR 2008, 450; OLG Frankfurt am Main ApothekenR 2008, 126; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 176) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (I ZR 37/08; I ZR 125/08; I ZR 72/08; I ZR 26/09). Hingegen hat das Oberlandesgericht Bamberg die Klage zweitinstanzlich abgewiesen (I ZR 193/07). In dem Rechtsstreit I ZR 98/09 haben die Vorinstanzen die negative Feststellungsklage des Klägers auf Zulässigkeit seines angebotenen Bonussystems übereinstimmend abgewiesen.

Sämtliche Berufungsgerichte haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, welche Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist und ob derartige Bonussysteme in Apotheken zulässig sind.

Die Richter in Karlsruhe urteilten, dass Kunden beim Kauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel Bagatellbeträge als Rabatte oder Gutschriften gewähren. Beträge in Höhe von einem Euro sind auf jeden Fall noch zulässig, fünf Euro aber nicht mehr, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem verkündeten Grundsatzurteil entschied. Das Gericht verwies zur Begründung auf die Preisbindung für Arzneimittel und das Gesetz zum unlauteren Wettbewerb. (AZ: I ZR 193/07)

Ob die Preisbindungsvorschriften des deutschen Arzneimittelrechts auch für im Ausland ansässige Versandapotheken gelten, ließ der BGH offen. Der Kartellsenat möchte diese Frage zwar bejahen. Er sieht sich daran aber durch ein gegenteiliges Urteil des Bundessozialgerichts gehindert und wird den Fall nun dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorlegen.