Aufnahme von Tätigkeit steht Restschuldbefreiung nicht entgegen, soweit Tätigkeit vor Aufdeckung dem Treuhänder mitgeteilt wird und das sich hieraus ergebende Einkommen an den Treuhänder abgeführt wird

Die Restschuldbefreiung kann nicht versagt werden, wenn der Schuldner die Aufnahme einer Tätigkeit nachträglich mitteilt und den dem Treuhänder vorenthaltenen Betrag bezahlt, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt worden ist. Sie kann ebenfalls nicht versagt werden, solange der Schuldner nach freiwilliger Offenbarung eines Obliegenheitsverstoßes aufgrund einer Vereinbarung mit dem Treuhänder Teilzahlungen erbringt, die zu einem vollständigen Ausgleich des vorenthaltenen Betrages führen können.

Der Sachverhalt:
In dem im Januar 2007 eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das AG dem Schuldner im Mai 2007 Restschuldbefreiung an und hob das Verfahren im Juni 2007 auf. Der 1939 geborene Schuldner erhält Altersbezüge, von denen als pfändbarer Betrag mtl. 547 € an die Treuhänderin abgeführt wurden. Während der Wohlverhaltensphase nahm er im November 2007 eine Aushilfstätigkeit an, die mit monatlich 400 € vergütet wurde. Die Aufnahme dieser Tätigkeit, die er mit krankheitsbedingten Unterbrechungen insgesamt zehn Monate ausübte, zeigte er der Treuhänderin zunächst nicht an.

Im November 2008 teilte der Schuldner der Treuhänderin die Aufnahme der Tätigkeit telefonisch mit. Diese ermittelte daraufhin einen mtl. pfändbaren Betrag von 100 € und schloss mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung, nach der er zehnmal mtl. 100 €, beginnend ab Januar 2009, an sie abführen sollte. Hieran hielt sich der Schuldner bis zur nun angegriffenen Entscheidung des LG. Informiert durch die Treuhänderin, dass ein Versagungsgrund vorliege, hat die Gläubigerin im Februar 2009 Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt.

Das AG gab diesem Antrag statt; das LG wies die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH die Beschlüsse von AG und LG auf und lehnte den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung ab.

Die Gründe:
Das LG ist zu Unrecht von einer Obliegenheitsverletzung des Schuldners und der darauf beruhenden Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger nach § 295 Abs. 1 Nr. 3, § 296 Abs. 1 S. 1 InsO ausgegangen. Zwar hat das Gericht zutreffend eine Verletzung des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO wegen nicht unverzüglicher Mitteilung der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung angenommen. Es hat sich aber nicht hinreichend mit einer möglichen Heilung dieser Obliegenheitsverletzung durch nachträgliche Anzeige und Nachzahlung des dem Treuhänder vorenthaltenen Betrags auseinandergesetzt.

Zwar hat der BGH entschieden, dass die Heilung einer Obliegenheitsverletzung in der Wohlverhaltensphase des Restschuldbefreiungsverfahrens durch Zahlung des dem Treuhänder vorenthaltenen pfändbaren Einkommens ausgeschlossen ist, wenn ein Gläubiger bereits beantragt hat, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Hieraus folgt aber – entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum verbreiteten Auffassung – nicht, dass eine Heilung der Obliegenheitsverletzung auch dann ausscheidet, wenn der Schuldner die Anzeige nachholt und den fehlenden Betrag einzahlt, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt ist. In diesem Fall liegt eine Obliegenheitsverletzung vor, die letztlich die Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt. Die Versagung der Restschuldbefreiung wäre deshalb unverhältnismäßig.

Die Situation ist derjenigen im eröffneten Verfahren vergleichbar, in dem der Schuldner einen Verstoß gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO dadurch kompensiert, dass er von sich aus seine Mitwirkungspflichten erfüllt, bevor ein Versagungsantrag gestellt worden ist. Eine entsprechende Heilungsmöglichkeit muss auch dann angenommen werden, wenn der Schuldner nach freiwilliger Aufdeckung eines Obliegenheitsverstoßes aufgrund einer Vereinbarung mit dem Treuhänder Teilzahlungen auf die Rückstände erbringt, die innerhalb eines nicht nur angemessenen, sondern auch überschaubaren Zeitraums zu einem vollständigen Ausgleich des dem Treuhänder vorenthaltenen Betrages führen. Solange sich der Schuldner an diese Vereinbarung hält, darf ihm nicht deswegen, weil ein Gläubiger einen Versagungsantrag stellt, bevor der vereinbarte Ratenzahlungszeitraum abgelaufen ist, die Restschuldbefreiung versagt werden. Er verdient aufgrund der Vereinbarung mit dem Treuhänder Vertrauensschutz.

Im Streitfall hat der Schuldner die objektiv vorliegende Verletzung seiner Obliegenheit von sich aus offenbart, bevor die übrigen Beteiligten hiervon Kenntnis hatten. Zwar hat er den von der Treuhänderin errechneten Rückstand, dessen Höhe unangegriffen geblieben ist, nicht in einer Summe beglichen. Er hat sich aber mit der Treuhänderin geeinigt, diesen in mtl. Raten zu je 100 € innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu tilgen, und diese Verpflichtung bis zur Entscheidung des LG auch eingehalten. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung lagen damit zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung des LG nicht vor.

Quelle: BGH online