OLG Schleswig: Der Prokon-Prospekt enthält irreführende Angaben zu den Sicherheiten der Geldanlage
Der sog. Prokon-Prospekt (Kurzprospekt und Flyer) enthält irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit und zur angeblichen “maximalen Flexibilität” der Geldanlage. Die Anlage des Geldes in die einschlägigen Genussrechte stellt keine ebenso sichere Geldanlage wie die Geldanlage bei einer Bank auf einem hergebrachten Sparbuch dar.
Der Sachverhalt:
Das beklagte Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe bewirbt sog. “Genussrechte” als Geldanlage. Dabei handelt es sich um eine Beteiligungsform an einer Gesellschaft, bei der dem Erwerber der Genussrechte meist eine vom Gewinn der Gesellschaft abhängige Vergütung zugesagt wird. Der Erwerber der Genussrechte hat kein Stimmrecht in der Gesellschaft. Bei einer Insolvenz der Gesellschaft erfolgt die Einlagenrückzahlung erst nach der vollständigen Befriedigung aller anderen Gläubiger der Gesellschaft. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass die Einlage ganz oder teilweise nicht mehr zurückgezahlt werden kann.
Die Beklagte besitzt weder Windkraftanlagen noch betreibt sie welche. Sie vergibt vielmehr Darlehen an andere Unternehmen der Prokon-Gruppe für deren Investitionen und erwirbt verzinsliche Darlehensrückzahlungsansprüche.
Die klagende Verbraucherschutzzentrale Hamburg war der Ansicht, Verbraucher können Werbeaussagen in dem Kurzprospekt und Flyer so verstehen, als sei die Anlage in die Genussrechte eine ebenso sichere Geldanlage wie auf einem Sparbuch und als investiere der Erwerber von Genussrechten direkt in Windenergieanlagen, woraus sich eine Absicherung der Anleger durch die Anlage in Sachwerten ergebe. Das Unternehmen wirbt auch mit der “maximalen Flexibilität” der Geldanlage.
LG und OLG gaben der auf Unterlassung der Werbung gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Der Prokon-Prospekt (Kurzprospekt und Flyer) enthielt irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit und zur angeblichen “maximalen Flexibilität” der hier einschlägigen Geldanlagen. Infolgedessen handelte es sich um unlautere Werbung.
Die Anlage des Geldes in Genussrechten stellt keine ebenso sichere Geldanlage wie die Geldanlage bei einer Bank auf einem hergebrachten Sparbuch dar. Denn im Fall einer Insolvenz des Unternehmens haben die Erwerber der Genussrechte keine gesetzliche Sicherung ihrer Einlagen. Für Sparguthaben bei einer Bank besteht demgegenüber im Fall einer Bankeninsolvenz ein Anspruch auf Einlagensicherung bis zu einem Wert von 100.000 € pro Sparer.
Das Kapital, das durch die Vergabe von Genussrechten eingesammelt wird, wird auch nicht unmittelbar in den Auf- und Ausbau von Windparks gesteckt. Denn die Beklagte selbst besitzt überhaupt keine Windkraftanlagen noch betreibt sie solche. Sie vergibt vielmehr Darlehen an andere Unternehmen der Prokon-Gruppe für deren Investitionen und erwirbt verzinsliche Darlehensrückzahlungsansprüche. Die Werthaltigkeit der Darlehensrückzahlungsansprüche nebst Verzinsung steigt und fällt somit mit der Geldwertstabilität.
Auch die Zusage eines Höchstmaßes an Flexibilität war falsch. Sie ist das Versprechen einer denkbar kurzfristigen und einfachen Möglichkeit zur Wiederauflösung der Geldanlage. Dies traf auf die von der Beklagten ausgegebenen Genussrechte allerdings bei Weitem nicht zu. Die Kündigung der Anleihe war grundsätzlich frühestens nach Ablauf von drei Kalenderjahren zulässig und dies nur unter eingeschränkten Voraussetzungen. Eine reguläre Kündigungsmöglichkeit bestand vielmehr erst ab fünf Kalenderjahren mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr.