OLG Karlsruhe: Anbieter von gesundheitsbezogenen Leistungen (hier esoterische Gesundheitsprodukte) müssen die Richtigkeit Ihrer Wirkungsaussagen beweisen können

OLG Karlsruhe 27.9.2012, 4 U 163/12

Wer gesundheitsbezogene Wirkungsaussagen trifft (hier: über esoterische Gesundheitsprodukte), muss auf substantiierten Angriff eines Wettbewerbers die Richtigkeit seiner Behauptung darlegen und beweisen können. Soweit der Werbende nicht klarstellt, dass sein Wirkversprechen wissenschaftlich abgesichert ist, muss er die behauptete Wirkung im einstweiligen Verfügungsverfahren zumindest glaubhaft machen.

Sachverhalt:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der die Einhaltung der Regelungen des lauteren Wettbewerbs kontrolliert. Die Beklagte vertreibt esoterische Gesundheitsprodukte wie Silikonpads, die zur Abwehr von Elektrosmog und zur Verbesserung von Speisen und Getränken dienen sollen. Die Wirkungsweise basiere auf subtilen Energien informierter Mineralien (“Bionen-Energie”). Die flachen ovalen Pads gegen Elektrosmog sollen dazu auf den Körper aufgelegt oder in die Hosentasche gesteckt werden, die flachen runden Pads zur Verbesserung von Speisen und Getränken unter Gläser oder Teller gelegt werden.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für die kleinen Pads damit zu werben, dass sie für ein Mehr an Vitalität stünden und auszuführen, dass im Zusammenhang mit einer steigenden Belastung des menschlichen Körpers durch Strahlen ein kleines Pad Schutz gewähren könne. Hinsichtlich der größeren Pads sollte die Werbung untersagt werden, diese könnten ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Speisen und Getränken leisten, sie seien dazu bestimmt, den ph-Wert positiv zu beeinflussen, der Anzahl freier Radikale entgegen zu wirken, Wasser optimal auszurichten und linksdrehende Milchsäuren im Wandel zu rechtsdrehenden Milchsäuren zu beeinflussen.

Das LG wies den Antrag zurück. Auf die Berufung der Klägerin hob das OLG die Entscheidung auf und gab der Klage statt.

Entscheidungsgründe:
Die Werbung der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Pads ist irreführend.

Die Werbung enthält zur Täuschung geeignete Angaben über die Wirkung der Pads. Der verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher gewinnt durch die Werbung den Eindruck, allein durch körpernahes Tragen der Pads könnten die angepriesenen positiven Wirkungen bereits erreicht werden. Infolgedessen genügt die Werbeaussagen nicht den strengen Anforderungen, die an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit gesundheitsbezogener Werbung zu stellen sind.

Die Werbung bewegt sich im empfindlichen Bereich des Heilwesens, der im Interesse der öffentlichen Gesundheit eine besondere Reglementierung von Werbung erfordert. Wer gesundheitsbezogene Wirkungsaussagen trifft, muss auf substantiierten Angriff eines Wettbewerbers die Richtigkeit seiner Behauptung darlegen und beweisen können. Soweit der Werbende nicht klarstellt, dass sein Wirkversprechen wissenschaftlich abgesichert ist, muss er die behauptete Wirkung im einstweiligen Verfügungsverfahren zumindest glaubhaft machen. Eine wissenschaftliche, schulmedizinische Absicherung ihres Ansatzes behauptete die Beklagte allerdings selbst nicht.

Die Irreführung wurde im vorliegenden Fall auch nicht dadurch beseitigt, dass die Werbeaussagen durch Formulierungen wie “soll”, “dazu bestimmt”, “kann” relativiert worden waren. Ebenso wenig reichten die Hinweise am Ende des jeweiligen Werbetextes, auf die mit einem Sternchen verwiesen wurde, nicht aus, eine Irreführung zu verhindern oder zu beseitigen. Dass der Ansatz dem Bereich Alternativmedizin zuzuordnen sei und in der klassischen Schulmedizin bisher wissenschaftlich nicht anerkannt sei, war nicht konkret genug und für den umworbenen Adressaten nicht ausreichend nachvollziehbar. Ihm standen auch die sehr ausführliche Werbung der Beklagten sowie ihr Hinweis auf die hinter den Produkten stehende Wissenschaft gegenüber. Außerdem suggerierte die beachtliche Preisgestaltung der Beklagten für die Pads (kleines Pad 98 €, großes Pad 9 cm 98 €, 21 cm 198 €) eine entsprechende Werthaltigkeit und damit auch die Wirkung des Produkts.

Quelle: OLG Karlsruhe PM v. 27.9.2012