BGH: Rechtsfolgen der unterbliebenen Einladung eines Wohnungseigentümers zur WEG Versammlung

BGH 20.7.2012, V ZR 235/11

Die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung führt regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit. Ein Beschluss ist i.S.v. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann.

Sachverhalt:
Der Beklagte ist als Eigentümer einer Garage Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese verlangt von ihm die Zahlung der Wohngeldrückstände aus den Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2002/2003 bis 2009/2010 sowie die Zahlung des Hausgeldes gemäß den Wirtschaftsplänen 2008/2009 und 2009/2010.

Die Beschlussfassung über die jeweiligen Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne erfolgte in mehreren Eigentümerversammlungen im Januar und April 2007, im Juni 2008 sowie im Mai 2009. Der Beklagte, der an keiner der Versammlungen teilgenommen hatte, war nicht eingeladen worden, weil die Verwalterin irrtümlich annahm, Garageneigentümer gehörten nicht zum Kreis der zu ladenden Wohnungseigentümer.

AG und LG wiesen die auf Zahlung der rückständigen Beträge i.H.v. insgesamt rd. 2.800 € gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil aufn und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Entscheidungsgründe:
Entgegen der Auffassung des LG sind die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht nichtig.

Nach der Rechtsprechung des Senats führt die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit. Ein Beschluss ist i.S.v. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Hierzu gehören nicht die in § 24 WEG für die Einberufung einer Eigentümerversammlung enthaltenen Formvorschriften, weil diese dispositiv sind und durch Vereinbarung abgeändert werden können.

Die überwiegende Meinung hat sich dem – u.a. auch aufgrund von Praktikabilitätserwägungen – angeschlossen und teilweise ergänzt, dass ausnahmsweise Nichtigkeit zu bejahen sei, wenn der einzelne Wohnungseigentümer vorsätzlich und gezielt von der Mitwirkung in der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen werden soll. Nach anderer Ansicht führt die – gleich aus welchem Grund – unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse.

Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Die unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers führt nur in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen (etwa böswilliger Ausschluss, s.o.) zur Nichtigkeit der in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse. Ein solcher Ausnahmefall liegt hingegen nicht vor, wenn die Ladung – wie hier – nur irrtümlich unterblieben ist. Der Verwalter hatte den Beklagten vorliegend zwar bewusst nicht zur Eigentümerversammlung geladen; dies beruhte aber auf einem bloßen Rechtsirrtum, da er fälschlich annahm, Garageneigentümer zählten nicht zu dem Kreis der Wohnungseigentümer und seien daher nicht zu laden. Ein solcher Fehler führt nicht zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.

Quelle: BGH online