Bundesverfassungsgericht: Arbeitnehmer müssen auch auf Einmalzahlungen aus einer Direktversicherung Beiträge zur Krankenversicherung zahlen
Arbeitnehmer müssen auch auf Einmalzahlungen aus Direktversicherungen Krankenversicherungsbeiträge zahlen
Seit dem 01.01.2004 unterliegen Zahlungen aus einer Direktversicherung auch dann der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn von Anfang an keine laufende Leistung, sondern eine einmalige Kapitalzahlung vereinbart war. Diese Neuregelung ist verfassungsgemäß. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs.1 GG, da kein wesentlicher Unterschied zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und Einmalzahlungen gleichen Ursprungs bestehen.
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeber der beiden Beschwerdeführer hatten zu ihren Gunsten eine Direktversicherung abgeschlossen, wobei die Versicherungssumme bei Vollendung eines bestimmten Lebensjahres nicht als laufende monatliche Leistung, sondern als Einmalleistung ausgezahlt werden sollte.
Bei Eintritt des Versicherungsfalls erhielten die Beschwerdeführer 22.950 Euro beziehungsweise 86.331 Euro ausgezahlt. Hierauf setzten die Krankenkassen entsprechend der ab dem 01.01.2004 in Kraft getretenen Neuregelung in § 229 Abs.1 S.3 SGB V für maximal zehn Jahre Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 29,07 Euro beziehungsweise 107,19 Euro fest. Die hiergegen gerichteten Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wandten sich die Beschwerdeführer gegen die ablehnende Entscheidung des BSG sowie gegen § 229 Abs.1 S.3 SGB V. Einmalige Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung seien mit monatlichen Versorgungsbezügen nicht vergleichbar und dürften daher gemäß Art. 3 Abs.1 GG nicht beitragserhöhend berücksichtigt werden. Die Abgabenerhebung auf Kapitalleistungen der betrieblichen Altersvorsorge laufe außerdem auf eine verfassungswidrige Besteuerung der Betroffenen durch die Krankenversicherung hinaus.
Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung an.
Die Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. § 229 Abs.1 S.3 SGB V ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Hiernach erhöhen Versorgungsbezüge auch dann die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, wenn von vornherein eine Einmalzahlung und kein laufender Bezug vereinbart war. In diesem Fall gilt für maximal zehn Jahre Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge.
Diese Neuregelung ist verfassungsgemäß. Sie berücksichtigt, dass bei vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherungen zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und einer einmaligen Zahlung identischen Ursprungs und gleicher Zwecksetzung kein wesentlicher Unterschied besteht. Denn beide Leistungen knüpfen an ein Arbeitsverhältnis an und sind Teil einer versicherungsrechtlich organisierten, beitragsfinanzierten zusätzlichen Altersversorgung. Sie unterscheiden sich lediglich durch die Art der Auszahlung.
Auch das BetrAVG stellt eine laufende Altersvorsorge, zum Beispiel durch einen Pensionsfonds, mit der einmaligen Kapitalleistung einer Direktversicherung gleich. Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber diese vergleichbaren Leistungen auch im Bereich der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich behandelt. Anderenfalls könnten Arbeitnehmer durch die Wahl des Versicherungsprodukts über die spätere Beitragspflicht entscheiden und diese umgehen.
Die Beitragspflicht ist auch verhältnismäßig. Sie ist auf zehn Jahre begrenzt und hat keine grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer erdrosselnden Wirkung zur Folge. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz vor. Die Betroffenen konnten sich nicht darauf verlassen, dass einmalige Kapitalleistungen auch künftig gegenüber laufenden Zahlungen privilegiert würden.
Quelle: BVerfG vom 16.05.2008