BAG: Arbeitszeugnis muss auf branchenübliche Aspekte eingehen
Arbeitgeber müssen in einem Zeugnis grundsätzlich auch auf branchenübliche Aspekte (hier: bei Zeitungsredakteuren) eingehen. Anderenfalls kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf entsprechende Ergänzung des Zeugnisses haben, da die Auslassung ein unzulässiges Geheimzeichen darstellen kann.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Beklagten zehn Jahre lang als Tageszeitungsredakteur beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte unter anderem zur Erteilung eines Zeugnisses mit der Note „zwei“ verpflichtet hatte.
Das von der Beklagten daraufhin erstellte qualifizierte Zeugnis enthielt keine Angaben zur Belastbarkeit des Klägers in Stresssituationen. Der Kläger hielt das Zeugnis deshalb für lückenhaft und verlangte die Ergänzung um den Zusatz, dass er auch in Stresssituationen zuverlässig und effektiv arbeite. Er machte geltend, dass das Berufsbild des Zeitungsredakteurs äußerst stressbetont sei. Einer Aussage zur Leistungsfähigkeit unter Stressbedingungen komme daher besondere Bedeutung zu.
ArbG und LAG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob das BAG die Vorentscheidungen auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob die Beklagte das Zeugnis um eine Aussage zur Belastbarkeit des Klägers in Stresssituationen ergänzen muss.
Arbeitgeber müssen bei der Ausstellung von Zeugnissen die Grundsätze der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit beachten. Danach darf das Zeugnis keine Formulierungen enthalten, die eine andere als die aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen. Außerdem muss das Zeugnis Leistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben.
Welchen weiteren Inhalt das Zeugnis haben muss, bestimmt sich nach dem Zeugnisbrauch, der je nach Branche oder Berufsgruppe unterschiedlich sein. Lässt ein Zeugnis ohne sachliche Rechtfertigung branchenübliche Formulierungen aus, so kann hierin ein unzulässiges Geheimzeichen liegen und der Arbeitnehmer einen Anspruch auf entsprechende Ergänzung des Zeugnisses haben.
Nach diesen Grundsätzen muss im Streitfall aufgeklärt werden, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, dass bei Tageszeitungsredakteuren im Zeugnis üblicherweise auf deren Belastbarkeit in Stresssituationen eingegangen werde. Sollte dies zutreffen, so liegt in der Auslassung möglicherweise ein unzulässiges Geheimzeichen mit der Folge eines Zeugnis-Ergänzungsanspruches des Klägers.
Quelle: BAG PM Nr.61 vom 12.08.2008