Übertragung von Resturlaub in das Folgejahr
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
23.11.2005 – 3 Sa 433/05
Hindern dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Urlaubsgewährung, wird der Resturlaub des Vorjahres kraft Gesetzes in das Folgejahr übertragen. Eine besondere Übertragungserklärung oder Genehmigung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Dringende betriebliche Gründe liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitsnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen.
Die Klägerin war vom 02.06.2003 bis zum 30.06.2004 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie nahm im Jahre 2003 nur einen Teil des ihres Urlaubs in Anspruch. Im ersten Quartal 2004 wurden ihr dieser Teil als Erholungsurlaub gewährt. Die Abrechnung für den Monat Januar 2004 weist noch einen Resturlaubsanspruch aus.
Die beklagte Arbeitgeberin ist zur Abgeltung der verbleibenden Urlaubstage verurteilt worden, da die Klägerin diese wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Die Urlaubstage aus 2003 waren gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG in das Jahr 2004 übertragen und von der Klägerin im ersten Quartal genommen worden. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 7 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 3 BUrlG. Danach muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Kann Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
Die Übertragung selbst vollzieht sich kraft Gesetzes. Besondere Übertragungserklärungen der Parteien des Arbeitsverhältnisses oder des Arbeitgebers, insbesondere eine Genehmigung sind nicht erforderlich. Die Übertragung vollzieht sich, wenn entweder dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Urlaubsgewährung hindern. Dringende betriebliche Gründe liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitsnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen. Beruft sich der Arbeitnehmer darauf, dass dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG die Freistellung verhindert haben und damit ein Übergang des Urlaubsanspruches stattgefunden haben soll, und reklamiert der Arbeitgeber Verfall des Urlaubs zum Jahresende, so muss der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Übertragung darlegen und ggf. beweisen. Hohe Anforderungen sind an die Darlegung allerdings nicht zu stellen. Es genügt z. B. das Vorbringen, der Arbeitgeber sei dem Urlaubsantrag des Arbeitnehmers am Ende des Urlaubsjahres mit einem Leistungsverweigerungsrecht begegnet. Dann muss davon ausgegangen werden, dass eine Übertragung stattgefunden hat.